Warschau -  Zwischen tragischer Geschichte und verblassenden Vorurteilen

„Fahr nicht nach Warschau - dort gibt’s nichts Interessantes!“ „Warschauer sind arrogant, arbeitssüchtig und unfreundlich“. Solche und ähnliche Kommentare hört man oft, wenn man sich für eine Reise nach Polen interessiert. Diese Vorurteile kommen nicht selten von den Polen selbst.

Im Rest des Landes genießen Warschau und seine Einwohner nicht gerade den besten Ruf. Kulturell und architektonisch schon immer im Schatten Krakaus stehend, kennen die Polen Warschau vor allem als wirtschaftliches Zentrum und Arbeitgeber. Dabei ziehen viele die Herkunft der „echten Warschauer“ in Zweifel, denn ein großer Teil der Einwohner wohnt nur während der Arbeitszeit in der Stadt und verbringt die Wochenenden zu Hause in der Provinz.

Diese „Teilzeitstädter“ nennt man scherzhaft „Sloik“ (Einmachglas), weil sie oft von der Familie mit „Lunchpaketen“ für die Arbeitswoche versorgt werden.

Doch auch wenn das Phänomen des „Hauptstadtbashings“ in Polen besonders ausgeprägt scheint, relativiert ein Blick auf andere Länder das Bild. Man denke nur an die Beziehung vieler Russen zum „versnobten“ Moskau, “ oder den Ruf der unfreundlichen Bundeshauptstädter mit ihrer berüchtigten „Berliner Schnauze“.


Warschau aus touristischer Perspektive


Das deutschsprachige polnische Newsportal „polen.pl“ gratulierte zum 60. Jahrestag der Erbauung des Warschauer Kulturpalastes mit den Worten: „Alles Gute zum 60. Geburtstag, Kulturpalast! Auch wenn Du uns von Onkel Stalin geschenkt worden bist“. Worte, die das ambivalente Verhältnis vieler Warschauer zum manchmal als „Stalinstachel“ bezeichneten Wahrzeichen ausgezeichnet symbolisieren.

Der inzwischen nicht mehr nach Stalin benannte „Wissenschafts- und Kulturpalast“ steht als das letzte im sozialistisch-realistischen Stil erhaltene Gebäude Warschaus unter Denkmalschutz. Der „Stalinstachel“ beherbergt neben Kultureinrichtungen wie Museen und Kinos auch eine umfangreiche TV- und Hörfunk Sendeanlage.

Wer am Kulturpalast angekommen ist, hat es nicht weit zur Warschauer Altstadt, die direkt an der Weichsel liegt. Ehemals im zweiten Weltkrieg völlig zerstört, wurde sie bereits in den 50er Jahren wieder komplett aufgebaut. Viele Museen und Gedenktafeln erinnern an die Schrecken der deutschen Besatzung, das Elend im Warschauer Ghetto und den Widerstand in der Bevölkerung.
 
Für Fotojäger sind vor allem der Barbakan, das Warschauer Schloss und der Marktplatz beliebte Bildmotive. Souvenirs können überall relativ günstig erworben werden und auch für das kulinarische Erlebnis stehen preiswerte Restaurants zur Auswahl. Wer es weniger touristisch bevorzugt, findet sogar eine traditionelle „Milchbar“ (Bar mleczny) ­ ein polnisches Selbstbedienungsrestaurant, das günstige Hausmannskost anbietet. Der Name leitet sich vom ursprünglich eher auf Milchprodukte beschränkten Angebot ab.

Die Urlaubskasse wird nicht nur bei der Verköstigung geschont. Busfahrkarten zum Flughafen kosten umgerechnet kaum mehr als einen Euro.
Aufgrund der direkten Verbindung (Buslinie 175) ins Zentrum bietet sich Warschau auch perfekt für Kurzbesuche zur Überbrückung von Zwischenlandungen an. Aber auch mehrtägige Besuche internationaler Touristen sind längst keine Seltenheit mehr. Vielleicht  spricht sich in Zukunft auch unter den Polen herum, dass die polnische Hauptstadt gar nicht mal so schlecht ist, wie viele glauben…

 

 

 

Eckdaten:

 

Einwohner: 1,7 Mio.

Flughafen: WAW – Frederic Chopin Airport
Verkehrsanbindung: Bahn, Bus, Autobahn (A2)
Verwaltungsbezirk: Masowien  

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