Alltagsgeschichten in Irpen und Butscha

Nicht einmal eine Autostunde von Kiew entfernt liegen die Kleinstädte Irpen und Butscha. Beinahe nahtlos gehen sie ineinander über, als ob ursprünglich nur eine Stadt geplant gewesen wäre und man sich irgendwann auseinandergelebt und getrennt hätte.

Was sofort auffällt, sind die vielen Parkanlagen, Grünflächen und Freizeitzonen. Schilder weisen auf das Alkohol- und Rauchverbot hin, vor allem die Kinder und Familien sollen sich eingeladen fühlen. Tatjana, 25, führt uns durch die Stadt und zeigt ein wenig stolz die diversen Renovierungsarbeiten, auch wenn sie das Gefühl hat, dass einige Baustellen bereits seit Wochen stagnieren.
Trotzdem wirkt die Infrastruktur der Stadt nur teilweise postsowjetisch, einige Bürgerzonen erscheinen überraschend zeitgemäß. Auch wenn auch hier Straßenhunde, typisch für ukrainische Städte, scheinbar selbstverständlich den Bürgersteig entlang spazieren. „Beachtet die Markierungen an den Ohren:
Sie bedeuten, dass die Hunde gesund sind“, erzählt Tatjana. Offensichtlich hat sich seit der Fußball - EM 2012, bei der die Ukraine aufgrund ihrer Politik gegenüber Straßenhunden stark in der Kritik stand, einiges geändert, zumindest in Irpen.

Eigentlich wollte Tatjana beim Zoll arbeiten, doch ihr Ausbildungslehrgang wurde spontan abgesagt. So blieb sie bei ihren Job als Filialleiterin in einer kleinen örtlichen Supermarktfiliale. „Letztens schlief der Nachtwächter völlig betrunken in der Garderobe ein und wurde am nächsten Tag beinahe Bewusstlos gefunden“, erzählt sie das aktuelle „Highlight“ aus dem Berufsalltag. Für den Geburtstag der Tante möchte sie allerdings lieber im Großmarkt einkaufen, nicht auf ihren Arbeitsplatz. Der Großmarkt beinhaltet neben dem großen Lebensmittelbereich auch eigene Shops für Tabakprodukte und Telekommunikation.
 
Auch ihr Bruder Nicolas kommt zum Geburtstag der Tante. Seit einem Jahr arbeitet er bei einem Logistikdienstleister, sein Traum wäre es Deutsch zu lernen, um international arbeiten zu können. Die beiden laden uns spontan zum Picknick in den Park ein.

Umgeben von Feldern und Wald wurde hier eine, für Kleinstadtverhältnisse außergewöhnlich große Parkanlage angelegt. Nicolas freut sich, dass uns der Park gefällt, kritisiert aber die Effizienz der Investitionsmittel: „Was kostet da so viel, das ist bei uns in der Ukraine immer so...“  Trotzdem zeigt man sich für die Zukunft vorsichtig optimistisch. Nach einigen Gläsern Cognac mit Cola möchte Nicolas die Mädchen auf der Nebenbank beeindrucken: „Ich habe Besuch aus Österreich, der Minister für Infrastruktur ist da“. Doch die Damen zeigen sich skeptisch und unbeeindruckt: „So jung ist kein Minister“. Offensichtlich haben die Damen den österreichischen Außenminister noch nicht getroffen.

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